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Wie viel Urlaub steht mir zu?
Wer eine neue Stelle in einem Unternehmen antritt, hat es oft nicht leicht. Hat man die Eingewöhnungszeit aber hinter sich und ist mit der neuen Kollegenschaft bereits per Du, so gilt die erste Hürde als überwunden.
Doch die zweite folgt prompt beim Anblick des Kalenders. Stichwort: Urlaub. Denn wer neu im Unternehmen ist, der darf noch nicht den vollen Jahresurlaub ausschöpfen. Doch wann genau steht es der Arbeitskraft zu, den vollen Jahresurlaub zu beantragen? Und wie berechnet sich der Teilurlaub?
Urlaubsanspruch und Wartezeit im neuen Job
Die Vorfreude auf den Urlaub ist bei allen Mitarbeitenden gleich. Unabhängig davon, ob man gerade erst neu im Unternehmen ist oder als alteingesessener Hase die Urlaubsplanung bereits vor Ende des aktuellen Kalenderjahres plant.
Allerdings wird die erste Gruppe in ihrer freien Wahl der Urlaubszeit gehindert. Beim Start in das neue Arbeitsverhältnis gilt grundsätzlich eine sechsmonatige Wartezeit. Fängt ein:e Mitarbeiter:in am 1. Februar an, so besteht erst am 1. August Anspruch auf den vollen Jahresurlaub.
Wer also weniger als sechs Monate lang in einem Unternehmen beschäftigt ist, der hat noch nicht den vollen Urlaubsanspruch erworben. Hier ist die Rede von der Wartezeit gemäß § 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG).
Teilurlaub und das Bundesurlaubsgesetz
Es besteht allerdings Anspruch auf den sogenannten Teilurlaub, der in § 5 BUrlG geregelt wird. Dies greift auch dann, wenn die beschäftigte Person vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Wurde dieser zustehende Teilurlaub zu dem Zeitpunkt des Ausscheidens genutzt, so kann das dafür gezahlte Urlaubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
Darf der Neuzugang also zusammenfassend in den ersten sechs Monaten keinen Urlaub nehmen und ist auf die Gnade der Führungskraft angewiesen? Nein, denn gesetzlich wird ein Teilurlaub von ein Zwölftel pro vollem Beschäftigungsmonat gewährt.
Mindesturlaub: Wie viele Urlaubstage stehen mir zu?
Die Legislative sieht zur Zeit vor, dass ein Unternehmen seinen Angestellten mindestens 24 Werktage bezahlten Urlaub erfüllt. Genauer beschreibt es § 3 im Bundesurlaubsgesetz:
- Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
- Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.
Erkennt das Unternehmen diese Regeln an, so steht rechtlich gesehen bei 24 Werktagen der Arbeitskraft vier volle Wochen Urlaub im Jahr zu. Denn Samstage gelten laut dem Bundesurlaubsgesetz nicht als Werktage. Entsprechend liegt bei einer 5-Tage-Woche der Urlaubsanspruch nur bei 20 Tagen, was in dieser Rechnung dann ebenfalls vier vollen Wochen entspricht. Allerdings ist es dem Unternehmen freigestellt, entweder über den Arbeitsvertrag direkt oder durch Tarifverträge, über den festgelegten Mindesturlaub hinaus mehr Urlaub zu gewähren.
Urlaubsanspruch bei Kündigung
Bei einer Kündigung ist für die Berechnung des Teilurlaubs wichtig zu wissen, wann die beschäftigte Person ausscheidet. Der Urlaubsanspruch hängt davon ab, ob sich der letzte Arbeitstag der angestellten Person in der ersten oder zweiten Jahreshälfte befindet. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis einschließlich 30. Juni steht der beschäftigten Person ein Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Beschäftigungsmonat zu.
Durch die Rundungsregel reguliert sich dann dein Urlaubsanspruch für das gesamte Kalenderjahr auf insgesamt 9 Urlaubstage. Anders sieht es allerdings aus, wenn du erst nach dem 1. Juli eines Kalenderjahres kündigst. In diesem Fall findet die Zwölftel-Regelung keine Anwendung. Du hast Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindesturlaub.
Einzelvertragliche Regelungenentscheiden darüber, ob vereinbarter Zusatzurlaub angerechnet werden kann. Es kommt auch vor, dass Unternehmen eine Regelung in den Vertrag aufnehmen, die sich negativ auf den Urlaubsanspruch auswirkt. Dieser Regelung nach haben Mitarbeitende, die kündigen, nur einen Teilurlaubsanspruch.
Eine solche „pro rata temporis“-Klausel (lat. zeitanteilig) ist allerdings bedingt durch das Günstigkeitsprinzip. Das heißt im Klartext: Wenn das Unternehmen die Zwölftel-Regelung in Verbindung mit dem gesetzlichen Mindesturlaub anwendet, so darf die Regel nicht dazu führen, dass bei einer Kündigung der gesetzliche Mindestanspruch unterschritten wird.
Wartezeit mit einem Jobwechsel abkürzen?
Unmut über die Wartezeit führt im seltensten Fall zum Jobwechsel. Wer glaubt, dass der Wechsel einen Vorteil bringt, liegt falsch. Dieser Weg lässt sich nicht abkürzen. Beendet man sein erstes Arbeitsverhältnis und beginnt ein neues im zweiten Halbjahr, umgeht man die Wartezeit nicht. Für jedes Arbeitsverhältnis ist der Urlaubsanspruch getrennt zu ermitteln.
Eine Ausnahme sieht das Bundesarbeitsgericht (BAG) nur, wenn das weitere Arbeitsverhältnis nur für eine kurze Zeit (z. B. ein arbeitsfreier Sonntag) unterbrochen wird. In diesem Fall können die aufeinanderfolgenden Arbeitsverhältnisse als Einheit betrachtet werden. Vorausgesetzt die Begründung des weiteren Arbeitsverhältnisses wurde bereits während der Laufzeit des vorigen vereinbart.
Urlaubsanspruch bei Teilzeit
Wer denkt, der Anspruch auf Urlaub unterscheidet sich nach Voll- oder Teilzeit, der irrt. Das Bundesurlaubsgesetzbestimmt: Teilzeitarbeitende haben den gleichen Urlaubsanspruch wie Mitarbeitende in Vollzeit. Denn wichtig sind bei der Berechnung nicht die Arbeitsstunden, sondern die geleisteten Arbeitstage.
Arbeitet ein Teammitglied also jeden Werktag in der Woche, trotz verkürzter Stundenanzahl, besteht der gleiche Urlaubsanspruch wie in Vollzeit. Dieser Anspruch reduziert sich erst, wenn die Werktage, an denen gearbeitet wird, verringert werden.
Berechnung Urlaubsanspruch bei Teilzeit
Doch wie berechnet man den Urlaubsanspruch bei Teilzeit? Es gilt eine einfache Formel: Die vereinbarten Urlaubstage geteilt durch die Anzahl der Werktage, die das Unternehmen führt, multipliziert mit den darin geleisteten Werktagen der Arbeitskraft in Teilzeit.
Achtung: Wenn sich bei der Berechnung ein Bruchteil von Urlaubstagen ergibt, der die 0,5 Schwelle erreicht und überschreitet, so muss auf einen vollen Urlaubstag aufgerundet werden.
In diesem Rechenbeispiel muss abgerundet werden, die Teilzeitkraft hat also Anspruch auf 21 Tage bezahlten Urlaub.
Resturlaub in das nächste Kalenderjahr mitnehmen
Manchmal kommt es auch vor, dass Beschäftigte ihren Urlaubsanspruch nicht geltend machen. Projekte, die gewisse Aufmerksamkeit und Zeitaufwand benötigen halten manchen davon ab, ausgiebig den Erholungsurlaub zu nutzen. Aber auch private Gründe spielen in die Entscheidung rein. Ein größeres Event im nächsten Jahr braucht mehr freie Zeit, als der vertragliche oder gesetzliche Urlaubsanspruch erlaubt?
In einem solchen Fall entscheiden sich Mitarbeitende gerne dazu, den Resturlaub mit in das nächste Kalenderjahr zu übertragen. Was die Bedingungen für die Übertragung sind, entscheidet das Bundesurlaubsgesetz im § 7 Abs. 3 BurlG. Zusammengefasst steht dort zu den Themen Zeitpunkt, Übertragung und Abgeltung des Urlaubs:
- Die Urlaubswünsche des Teammitglieds mit Blick auf die zeitliche Festlegung sind zu berücksichtigen. Ausnahme: dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Mitarbeitenden, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen.
- Im Anschluss an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation muss dem Teammitglied der Urlaub ebenfalls gewährt werden.
- Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren. Ausnahme: dringende betriebliche Gründe oder private Gründe der Arbeitskraft, die eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Verhindern solche Gründe einen zusammenhängenden Urlaub und hat die Arbeitskraft Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
- Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen der Arbeitskraft ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
- Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
Betriebliche und persönliche Gründe für die Übertragung von Urlaub
Unter dringend betrieblichen Gründen versteht man beispielsweise eine besondere Auftragslage. Auch saisonale Events und Ereignisse, die für den Betrieb von großer Bedeutung sind, können hier eine Rolle in der Urlaubsplanung spielen. Arbeitsintensive Zeiten wie die Urlaubsaison in Hotel- und Gastronomie können Arbeitnehmer:innen in diesen Branchen dazu zwingen, ihren eigenen Urlaub zu einem anderen Zeitpunkt zu nehmen.
Profitiert der Betrieb zusätzlich von besonderen Events, wie beispielsweise Ausstellungen und Messen in der jeweiligen Branche, ist es in der Vorbereitungszeit und zum Zeitpunkt der Veranstaltung oft üblich, die Urlaubswünsche der Mitarbeitenden entsprechend anzupassen.
Personenbedingte oder persönliche Gründe sind im größeren Sinne krankheitsbedingte Ausfälle oder auch Elternzeit. Die Kulanz der Arbeitsstelle spielt bei diesen Anträgen aber auch eine Rolle. Vielleicht hat ein Teammitglied andere persönliche Gründe für die Übertragung des Resturlaubs, die dem Betrieb und dem Ablauf nicht schaden.
Dann steht es den Unternehmen frei diese Wünsche im Rahmen der gesetzlichen Regelung und Nutzung in den ersten drei Monaten des nächsten Kalenderjahres zu gewähren.
Wann verfällt oder verjährt der Urlaubsanspruch?
Die ersten drei Monate des nächsten Kalenderjahres, also bis zum 31. März, sind eine wichtige Kennzahl. Es ist geläufig, dass alle Resturlaubstage bis dahin genommen werden müssen, da sie sonst verfallen.
Allerdings gibt es mittlerweile auch für Unternehmen eine wichtige Pflicht, die an dieses Datum geknüpft ist. Nämlich die jeweilige Arbeitskraft auf den drohenden Verfall des Urlaubsanspruchs deutlich und ausdrücklich hinzuweisen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Verpflichtung durch ein Grundsatzurteil bestätigt.
Grund für das finale Datum des 31. März ist, dass sich der Urlaubsanspruch des Personals nicht ansammeln soll. Letztlich ist auch hier nicht der Verfall gewünscht, sondern Mitarbeitende sollen in jedem Falle die Gelegenheit bekommen, ihren zustehenden Erholungsurlaub zu nutzen. Es liegt also eher der Schutz der Arbeitskräfte zugrunde, der durch die Mitteilungspflicht der Unternehmen noch verstärkt wird.
Das bedeutet aber auch, wenn der Urlaubsanspruch durch die Arbeitskraft nicht bis zu dem 31. März des Folgejahres in Anspruch genommen wird, obwohl das Unternehmen gemäß der Hinweispflicht auf den Verfall aufmerksam gemacht hat, gibt es keine Chance den Urlaubsverfall zu verhindern.
Nachweispflicht bei Urlaubsverfall
Eine Aufklärung über die Konsequenzen des unterlassenen Urlaubsantrags gegenüber der Arbeitskraft durch das Unternehmen ist laut EuGH verpflichtend. Das Unternehmen muss auch die Möglichkeit schaffen, den Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Unternehmen sollten daher auf Nummer sicher gehen und einen entsprechenden Hinweis auf anstehenden Verfall des Urlaubsanspruches immer schriftlich an Mitarbeitende übermitteln. So werden Missverständnisse verhindert und die Pflichten und Regeln eingehalten.
Erkrankung und Urlaubsverfall
Wie steht es um meinen Urlaub, wenn ich krank werde? Auch hier hat der EuGH für eine Änderung der bundesdeutschen Rechtsprechung gesorgt. Zuletzt besagte die Regelung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Urlaubsanspruch verfällt, wenn die Arbeitskraft bis zum 31. März des Folgejahres erkrankt war. Doch das verstößt gegen die europäische Rechtsprechung.
Eine entsprechende Anpassung der deutschen Rechtsprechung bestimmt nun: Im Falle einer Erkrankung bleiben die Urlaubsansprüche zunächst bestehen. So wurde verhindert, dass sich der Freizeitanspruch an den Gesundheitszustand der Arbeitskraft bindet.
Auch in diesem Fall gibt es bestimmte Sonderregelungen. Bei einer Langzeiterkrankung bestehen weiterhin Einschränkungen auf den Jahresurlaubsanspruch. Jahrelange Arbeitsunfähigkeit würde ansonsten die jährlichen Urlaubsansprüche endlos addieren. Ohne Verfallsgrenze, wäre hier keine klare Regelung vorhanden. Ein Nachteil für die Arbeitsstelle.
Aus diesem Grund gibt es vom Bundesarbeitsgericht eine Grenze für diesen Fall. Bei einer Langzeiterkrankung verfällt der Urlaubsanspruch nach einer Zeitspanne von 15 Monaten nach dem Urlaubsjahr.
Die Key Facts
Teilurlaubsansprüche können in verschiedenen Situationen auftreten:
- Neuzugänge haben im Unternehmen eine Wartezeit von 6 Monaten.
- Teilzeitarbeitende haben den gleichen Urlaubsanspruch wie Mitarbeitende in Vollzeit.
- Urlaubsanspruch richtet sich nach den geleisteten Arbeitstagen, nicht Arbeitsstunden.
- Dringend betriebliche wie auch persönliche Gründe können eine Übertragung von Resturlaub in das nächste Kalenderjahr notwendig machen.
- Der Urlaubsanspruch kann verfallen – Unternehmen haben aber eine Hinweispflicht gegenüber Mitarbeitenden.
Wer sich diesen Regeln und Möglichkeiten bewusst ist, kann das Beste aus seinem Urlaub machen – egal ob voller Urlaubsanspruch oder Teilurlaubsanspruch besteht.
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